Mit „Lucio Fontana: Erwartung“ macht das Von der Heydt-Museum Fontanas komplexes Gesamtwerk in seinen vielen Facetten erlebbar: von den figurativen bis zu den konzeptuellen Arbeiten, von der Keramik bis zur Rauminstallation. Rund 100 Werke aus der Fondazione Lucio Fontana, Mailand, sowie aus öffentlichen und privaten Sammlungen geben einen Einblick in das erstaunlich experimentelle und gewagte Werk. Einen Höhepunkt der Präsentation bildet die Rekonstruktion eines seiner Environments, die trotz ihrer bedeutenden Rolle für Fontanas Denken kaum bekannt sind.
Dass die Ausstellung „Lucio Fontana: Erwartung“ besonders viele Stücke aus öffentlichen und privaten Sammlungen in Nordrhein-Westfalen sowie aus den benachbarten Niederlanden präsentiert, ist keineswegs Zufall, sondern bildet ein Spezifikum der Kunstlandschaft ab, in die das Von der Heydt-Museum eingebettet ist. Wahrscheinlich ist – mit Ausnahme selbstverständlich von Norditalien – keine Region in Europa reicher an Werken Lucio Fontanas als die hiesige.
Denn das Rheinland war gleichsam ein frühes Epizentrum der Fontana-Rezeption. Ab Januar 1960 wurde Fontana von dem einflussreichen Düsseldorfer Galeristen Alfred Schmela gezeigt, die Künstler der stark vernetzten Gruppe ZERO verehrten Fontana als Impulsgeber und Vaterfigur, und seine erste große Museumsausstellung in Deutschland hatte er 1962 im Museum Schloss Morsbroich, Leverkusen. Auch das Von der Heydt-Museum reiht sich hier ein, denn die ersten „Concetti spaziali“ von der Hand Lucio Fontanas kamen bereits 1965 in die Sammlung. Und im Herbst 1969 organisierte der damalige Wuppertaler Museumsdirektor Günter Aust eine heute legendäre Gedächtnisausstellung nach dem Tod des Künstlers: „Hommage à Fontana“.
Lucio Fontana (Argentinien 1899 – Italien 1968) zählt international zu den Schlüsselfiguren der Kunst des 20. Jahrhunderts und hat als ein Wegbereiter neuer Formen und Konzepte den Kunstbegriff revolutioniert. Seine inspirierende Wirkung auf inzwischen mehrere Generationen von Künstler*innen ist unübersehbar. Dessen ungeachtet hat es in Deutschland seit fast 30 Jahren keine größere museale Ausstellung mehr gegeben, die sein Schaffen würdigte.