Auch in diesem Herbst sammelt sich die internationale Tanz-, Neuer Zirkus-, Musik- und Theaterszene rund um das Theaterzelt auf dem Burgplatz. Und dieses Jahr ist ein Besonderes: Das Düsseldorf Festival feiert seinen 35. Geburtstag. Vom 10. bis zum 28. September wird genau das gefeiert.
Die Jubiläumssaison wird eröffnet von der Kompanie Circa, unter Leitung von Yaron Lifschitz.
Die Vorreiter des australischen zeitgenössischen Zirkus sind dem Düsseldorf Festival seit mehr als 14 Jahren eng verbunden und feiern in diesem Jahr selbst ihr 20. Jubiläum. Zuletzt sorgte ihre spektakuläre Kreation „Sacre“ 2022 für Furore. Die neue Show „Wolf“, die beim Düsseldorf Festival am 10. September im Theaterzelt auf dem Burgplatz NRW-Premiere feiert, findet eine vitale Antwort auf das Lebensgefühl globaler Krisen. Angetrieben von DJ Ori Lichtiks wild hämmerndem Elektro-Soundtrack reißen, greifen, klettern, springen und balancieren zehn außergewöhnliche Künstler*innen mit unbändiger, roher Energie zwischen Akrobatik und Tanz und verwandeln sich von zerstörerischen Kräften des Chaos in ein eingeschworenes Rudel. Gleich an vier Tagen, bis zum 13. September, rufen uns die Künstler*innen zu: Sei ein Wolf!
Das umwerfende Duo aus dem Schauspieler Matthias Brandt und dem Allround-Musiker Jens Thomas begeistert mit seinen Collagen, die viel Raum für Spontanität und Improvisation lassen. Kein Abend gleicht dem anderen. Am 14. September kommen sie mit Guy de Maupassants Novelle „Le Horla“, einem frühen Meisterwerk der psychologischen Horrorliteratur, ins Theaterzelt. Sie handelt davon, dass ein Mann plötzlich Dinge sieht und Geräusche hört, die außer ihm niemand wahrnimmt. Das Unsichtbare wird zur Obsession. Mehr und mehr steigert er sich in die Zwangsvorstellung hinein, dass ein unbekanntes Wesen, ein Dämon von ihm Besitz ergreift, bis er erkennen muss: „Ich kann nicht mehr wollen, aber jemand will für mich.“
Am 16. und 17. September ist die Kompanie tanzmainz zu Gast. Eine dynamische Verbindung von Ballett und Elektro präsentiert sie mit der Produktion „Soul Chain“, die 2018 den Theaterpreis DER FAUST gewann. Sharon Eyal hat für das zeitgenössische Tanzensemble des Staatstheaters Mainz eine packende Choreografie geschaffen, die das Ensemble zu einem energiegeladenen Schwarm verbindet. Die Bewegungen sind animalisch und pur, die Gruppe bewegt sich mit höchster Disziplin im rhythmischen Gleichklang. Die Zuschauer*innen sind herausgefordert, nach den Unterschieden zu suchen. Denn im Gleichen, sagt die Choreografin, sehe man erst recht, wie unterschiedlich wir alle seien. „Soul Chain“ ist eine Liebeserklärung an die absolute Einzigartigkeit jedes Einzelnen, die sie im Theaterzelt eindrücklich darbieten.

Eine Deutschlandpremiere feiert das 2024 gegründete Copenhagen Collective am 18. und 19. September auf der Bühne des Theaterzeltes auf dem Burgplatz. Die junge Gruppe vereint 20 Künstler*innen aus verschiedenen Nationen und Kulturen und kommt mit seiner ersten, bereits international gefeierten Show „The Genesis“ nach Düsseldorf. „Genesis“ bedeutet Schöpfung, Entstehung oder Geburt, auf der Bühne ist alles auf Anfang: Eine leere Leinwand vermittelt den Urzustand und eine abstrakte emotionale Landschaft. Das Kollektiv erzählt eine berührende Geschichte von Mitgefühl und entstehender Gemeinschaft, von der Kraft des Miteinanders und der Stärke durch Unterschiede. Eine Klangwelt mit klassischer Musik und einer Prise Jazz und Blues verbindet eine sakrale Aura mit Club-Energie und begleitet die Kompanie durch ihre furiose Show.

Die britische A-cappella-Formation Voces8 ist dem Publikum des Düsseldorf Festival wohl bekannt. Mit „Draw on Sweet Night“ („Zieh herauf, süße Nacht“) hat das Ensemble ihr neues Programm mit dem wohl schönsten englischen Madrigal übertitelt. In der Johanneskirche verzaubern sie uns damit am 20. September. Es stammt aus der Feder des Shakespeare- Zeitgenossen John Wilbye und schildert mit betörend zarten Klängen das Einbrechen der Dunkelheit. Das Repertoire der Nacht-Gesänge reicht vom venezianischen Renaissance- Komponisten Giovanni Croce bis zur zeitgenössischen amerikanischen Pulitzer-Preisträgerin Caroline Shaw. Die Konzerte von Voces8 sorgen zuverlässig für Begeisterungsstürme mit ihrem so typisch englischen Klang: hell, klar, transparent, perfekt intoniert und unmittelbar berührend.
Am 21. September lebt der Jazz auf dem Burgplatz: Ohne Übertreibung könnte man das Trio Mare Nostrum als Troika des europäischen Jazz bezeichnen: Der sardische Trompeter Paolo Fresu, der französische Akkordeonist Richard Galliano und der schwedische Pianist Jan Lundgren haben sich vor 18 Jahren zusammengeschlossen und repräsentieren sowohl die Musiktraditionen ihrer jeweiligen Heimatländer als auch den modernen, Grenzen überschreitenden und Genres verbindenden internationalen Jazz. Im März erschien ihre vierte CD, für die jeder vier Eigenkompositionen und ein Lieblingsstück mitbrachte. Entstanden ist ein berührendes Zeugnis der Seelenverwandtschaft der drei Musiker und ihrer gleichberechtigten Gemeinschaft im Geiste eines demokratischen Europas.
Eine weitere Deutschlandpremiere bringt Club Guy & Roni am 22., 23. und 24. September ins Theaterzelt. Die Kompanie aus den Niederlanden ist eine der führenden in der zeitgenössischen Szene und arbeitet mit Künstler*innen aus dem globalen Süden an ihrem Langzeit-Projekt „Human Odyssey“. In „Faith“ bringen Club Guy & Roni mit dem marokkanischen Choreografen Khalid Benghrib und seiner Cie 2k_Far Kulturen und Weltanschauungen zusammen. „Faith“ ist ein wirbelndes Kaleidoskop musikalischer und spiritueller Einflüsse aus aller Welt. Im Mittelpunkt steht die begnadete Sängerin Karima el Fillali, die in der Eröffnungsszene als Madonna mit Kind die Bühne betritt und eine rasante Performance zwischen Verehrung, Chaos und Trance entfesselt.

Für zeitgenössische Jonglage auf höchstem Niveau steht das französische Collectif Petit Travers. Zehn Jongleur*innen gehen in der Show „Nos matins intérieurs“ (Deutschlandpremiere) in einen fesselnden Dialog mit dem gefeierten Streichquartett Quatuor Debussy. Die Jongleur*innen präsentieren ihre jeweils sehr eigene Technik, jede*r gibt etwas von sich preis. Zu barocken Klängen von Purcell und den minimalistischen Kompositionen von Marc Mellits entsteht ein faszinierendes Mosaik voller Überraschungen, das eine ganz besondere Poesie entfaltet. Die subtile Klangarchitektur des Quartetts animiert das Kollektiv zu teils spektakulären Interaktionen, die in ihrer tänzerischen Eleganz an ein perfekt choreografiertes Ballett erinnern. Zu erleben am 26. und 27. September im Theaterzelt auf dem Burgplatz.
Den musikalischen Abschluss des Festivals feiert am 28. September die Band Kolinga. Für eine Mischung aus Pop, kongolesischer Rumba, Jazz, Soul, Chanson und Hip-Hop steht die Band, deren Name auf Lingala sowohl „verbinden“ als auch „einkreisen“ bedeutet. Gegründet als Duo der Sängerin Rébecca M’Boungou und des Multi-Instrumentalisten Arnaud Estor ist die Band inzwischen zum virtuosen Sextett gewachsen. Rébecca M’Boungou hat kongolesische Wurzelnund ist aufgewachsen im Südwesten Frankreichs. Das Leben zwischen zwei Kulturen prägt ihre emotionale Musik, die sinnlich, virtuos und elegant ist und direkt in die Beine geht. Das 2022 erschienene Album „Legacy“ erzählt von polyphoner Identität, von Erinnerungen an die Geschichte und der entwurzelten Gegenwart.
Im Jubiläumsjahr darf natürlich ein großes Sonderprojekt nicht fehlen. An zwei Wochenenden im November präsentieren wir in Koproduktion mit der Johanneskirche „Mass“ von Leonard Bernstein.
Das Werk kam 1971 in New York zur Eröffnung des Kennedy Centers zur Uraufführung, in einer Zeit gesellschaftlicher Umbrüche und Proteste gegen Krieg und politische Heuchelei. Das monumentale Werk verbindet Chor- und Gottesdienstelemente mit klassischer Sinfonik, Gesang und Jazz-, Rock- und Blues-Klängen zu einer vielschichtigen Reflexion über Glauben und Zweifel und gilt heute als visionär. Bernstein kombiniert die lateinische Messliturgie mit oft rebellischen Texten, die den inneren Konflikt zwischen spiritueller Sehnsucht und institutionellem Misstrauen ausdrücken. Im Zentrum des Geschehens steht der Zelebrant, ein Priester, der eine Krise des Glaubens durchlebt. „Mass“ wird die fünfte große Musiktheaterproduktion des Festivals in der Johanneskirche. Zum Einsatz kommen Chöre, Solist*innen, Orchester und eine Rockband. Das Regie-Duo Hanna Werth und Philipp Heitmann verspricht „ein bewegendes Spektakel mit über 100 Beteiligten“.
Die Termine: 8. (Premiere), 9., 14., 15., und 16. November.
Tickets für das Highlightprogramm gibt es bis zum 19. Mai zum Frühbucherrabatt (10 % Ermäßigung) hier: https://tickets.duesseldorf-festival.de/